Für mich hat es sich sehr lange ziemlich schwer angefühlt, beim Sex den Ton anzugeben. Es hat sich schlichtweg falsch angefühlt. Ich bin sehr viel in meiner femininen Energie beim Sex. Das heißt, ich bin eher empfangend, gebe mich hin und lasse mich führen. Wie die weit geöffnete Blume, die von der fleißigen Biene einfach nur bestäubt wird. Aber ich habe angefangen diese Energie auf ungesunde Weise auszudrücken, denn die Verantwortung für meine Lust und meinen Orgasmus habe ich abgegeben und meinem Partner zugeschrieben. Ich wollte, dass mein Partner komplett die Führung übernimmt und habe nicht gewusst, wie ich selbst führen kann, ohne dabei in eine maskuline Rolle zu verfallen. In diesem Artikel möchte ich dir zeigen, dass genau dies möglich ist und dir die nötigen Schlüssel dafür in die Hand drücken. Aber erstmal möchte ich dir erklären, warum wir Frauen es überhaupt so schwer damit haben, unsere Bedürfnisse direkt verbal zu kommunizieren.
Oft entsteht das Denken, es gäbe nur Schwarz und Weiß, was die führende Rolle beim Sex betrifft. Es gibt die maskuline Energie, der*die Gebende und es gibt die feminine Energie, der*die Empfangende. Hierbei sind maskulin und feminin nicht unbedingt den Geschlechtern Mann und Frau zugeschrieben. Diese Einteilung stammt aus dem Tantra. Man könnte auch solar und lunar, plus und minus, oder wie aus dem Taoismus Yin und Yang, sagen. Es handelt sich um gegensätzliche, sich anziehende Kräfte - Polaritäten. In den meisten Fällen sind Männer mehr in ihrer maskulinen Energie, haben sozusagen einen maskulinen Kern und bei den Frauen ist es meist ein femininer Kern. Auch wenn meist ein fester maskuliner oder femininer Kern besteht, haben wir alle beide Qualitäten in uns. Ein Mann kann weich und empfangend sein, was ihn nicht weniger maskulin macht, sondern eher die Ganzheit unterstreicht. Ebenso wie eine Frau fordernd und führend sein kann, ohne dabei etwas von ihrer femininen Energie zu verlieren. Dieses Thema ist aber einen ganzen Artikel wert, weshalb ich das nun nicht weiter ausdehnen möchte.
Die ungesunde feminine Energie drückt sich z.B. so aus, dass die Frau keine gesunden Grenzen setzen kann, ihre Bedürfnisse nicht kommuniziert und ihr Herz verschließt. Und genau so ging es mir. Tatsächlich habe ich es teilweise immer noch schwer damit, frei herauszuerzählen, was ich wirklich will. Vor allem, wenn mein Liebster und ich schon in vollem Gange sind, tendiere ich manchmal dazu, mich auf etwas einzulassen, was meine Lust eher in die negative Richtung lenkt, weil es sich für mich einfacher anfühlt, mitzumachen, anstatt meine Wünsche zu äußern.
Wir küssen uns leidenschaftlich, es geht heiß her und schon bald haben wir sehr fordernden und harten Sex. Doch schnell merke ich, dass ich von innen noch viel zu fest bin und es anfängt zu ziehen. Ich bin eigentlich noch gar nicht bereit. Doch wieso zum Geier bekomme ich das nicht kommuniziert? Was kann ich tun, damit ich bekomme, was ich brauche, ohne die Situation zu stören?
Sex ist für viele Frauen mit Scham verbunden. Das hat sich über die Jahrtausende des Patriarchats in uns Frauen fest verankert, denn eine Frau hat sich zu fügen und wenn sie dies nicht tut, gibt es zwei Extreme: entweder das sogenannte „Slutshaming“ oder sie wird als zu prüde betitelt. Wenn eine Frau also eine freie und offene Sexualität lebt, ggf. auch mit wechselnden Sexualpartnern, wird sie auch heute noch von vielen Menschen abgelehnt oder sogar beleidigt und in einigen Teilen der Welt müssen Frauen dabei sogar um ihr Leben bangen. Auf der anderen Seite wird eine Frau als verklemmt, prüde und sexuell unattraktiv bezeichnet, wenn sie sich sträubt bestimmte Dinge auszuprobieren oder überhaupt nur mit jemandem in die Kiste zu hüpfen. Nicht nur Männer, sondern auch Frauen stehen unter einem enormen sexuellen Leistungsdruck, ausgelöst durch eine der größten Quellen der Aufklärung – der Pornoindustrie. Hier wird von der Frau gefordert, Sex zu haben, der auf Männer ausgerichtet ist. Sie muss perfekte Blowjobs geben und wenn der Mann einen Orgasmus hatte, ist die Show vorbei. Die Lust der Frau? Ist doch völlig uninteressant und erst recht nicht filmreif. Hierbei möchte ich nochmal erwähnen, dass nicht nur die Sexualität der Frauen mit großer Scham, unter anderem durch die eben genannten Faktoren, verbunden ist, sondern auch die Sexualität der Männer leidet durch Vergleiche mit dem "Porno-Ideal".
Ich möchte hier keinesfalls irgendwen anprangern, weder Mann noch Frau. Wer Pornos machen oder anschauen möchte, soll das bitte auch tun, denn das ist nicht das Problem. Diese alten Muster stecken aber seit Jahrtausenden, teilweise noch völlig unerkannt und versteckt, tief in unseren Glaubenssätzen, Handlungen und tatsächlich auch in unserer DNA. Und viele Frauen schämen sich sehr oft dafür, ihre eigenen sexuellen Bedürfnisse zu kommunizieren. Wir passen uns an, um zu überleben, so wie wir es über Jahrtausende hinweg getan haben.
Das hier ist allerdings nur eine Erklärung dieses Phänomens und keineswegs eine Ausrede dafür, die Verantwortung abzugeben und rumzuheulen. Atme durch, lass es los und widme dich nun wieder dem Wesentlichen: deiner Fähigkeit auf verführerische, sinnliche und feminine Art in Führung zu gehen. Denn das ist es, was ich aus dir herauskitzeln will – die Verführerin.
Verführen bedeutet jemanden zu einer Handlung zu bringen, die er im Grunde gar nicht will. Diese Beschreibung finde ich jedoch etwas zu negativ behaftet. Lieber wäre es mir mit: jemanden zu einer Handlung zu bringen, von der er noch nicht wusste, dass er sie will. Der maskuline Mann glaubt, dass er führt, dabei ist es im Grunde die feminine Frau, auf unterschwellige, manipulative Art. Versteh auch das bitte nicht negativ, sondern versetze dieser Aussage doch einfach ein kleines, freches Grinsen.
Die feminine Frau führt durch ihre Verspieltheit, ihre Sinnlichkeit und ihrem Gefühl. Eine Art dies zum Ausdruck zu bringen ist durch dein Stöhnen. Du kannst richtig laut und fordernd stöhnen, woraufhin dich dein Partner mit großer Sicherheit härter und fordernder nehmen wird. Du kannst aber auch sanft und sinnlich stöhnen, mehr wie ein lauteres ausatmen, woraufhin dein Partner die Sinnlichkeit in dir vernehmen und sich an deinen Rhythmus anpassen wird.Wenn du keinen Ton von dir gibst, wird dein Partner nur verwirrt sein und sich die ganze Zeit fragen, ob es dir nun eigentlich gefällt oder nicht. Damit kannst du ihn aber auch lenken, sollte dir wirklich nicht gefallen, was er gerade macht oder wie er dich berührt. Sei wie die weit geöffnete Blume, die von der Biene einfach nur bestäubt werden möchte. Leuchte dabei so hell, dass die Biene den Weg zu deinem süßen Nektar gar nicht erst verfehlen kann.
Sollte dich diese Art der Führung immer noch nicht an dein Ziel bringen, kannst du deinem Partner immer noch ein positives Feedback geben, sobald es sich gerade besonders gut anfühlt. Indem du ihm sagst: „Oh ja, das fühlt sich gut an, mach weiter.“ Das fühlt sich für deinen Partner viel besser und wertschätzender an, als wenn du ihm nur Feedback gibst, falls sich etwas schlecht oder unangenehm anfühlt. Auf diese Weise wird dein Partner auch motiviert sein, dir genau das zu geben, was du haben möchtest und darf dabei sogar ganz Mann bleiben.
Zum Schluss möchte ich dir nochmal eine Frage stellen. Weißt du denn überhaupt, was dir gefällt und was nicht? Wie du berührt werden möchtest und wie nicht? Denn wenn nicht, möchte ich dich dazu einladen, dich selbst neu zu entdecken. Mach dir schöne Musik und Kerzen an. Gönn dir eine Massage (es gibt Massageöle, die du auch für den Intimbereich nutzen kannst). Lass dir Zeit und dann geh auf Entdeckungsreise. Stimulier nicht nur deine Klitoris, sondern inkludiere deine gesamte Yoni, deinen ganzen Körper. Erforsche deinen G-Punkt, deinen Muttermund. Es gibt so viele Tore zur Ekstase, die von dir erkundet werden möchten. Und wenn du weißt, was sich bei dir yummie anfühlt, kannst du das auch besser deinem Partner näher bringen.
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